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Kartoffeln sicher vor Krautfäule schützen

Noch lässt sich Krautfäule in den Kartoffeln sicher bekämpfen. Allerdings gewinnen Resistenzen an Bedeutung. Durch weniger Wirkstoffe wird ein effektives Resistenzmanagement immer wichtiger.

Lesezeit: 8 Minuten

Unsere Autoren: Dr. Hendrik Hanekamp und Lüder Cordes, Landwirtschaftskammer Niedersachsen

Erfolgreicher Kartoffelanbau hängt wesentlich davon ab, wie gut es gelingt, den Erreger der Kraut- und Knollenfäule, Phytophthora infestans, zu kontrollieren. Mit der richtigen Strategie und der vorhandenen Fungizidpalette funktioniert das aktuell noch sicher. Ein gutes Anti-Resistenzmanagement ist aber unverzichtbar, um dauerhaft hohe Wirkungsgrade zu erhalten.

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Rückblick auf 2023

Im letzten Jahr war die Krautfäulesituation durch warme, trockene Bedingungen bis Mitte Juni insgesamt entspannt. Im Nordwesten stieg das Infektionsrisiko danach durch regionale Starkregenfälle sehr schnell an. Ab dem 20. Juli führte schließlich flächendeckender, anhaltender Regen bundesweit teils bis September zu einem hohen bis sehr hohen Infektionsrisiko.

Im engen Zeitfenster dieses Wetterumschwungs waren deutlich verkürzte Spritzabstände notwendig. Oft ließen sich die erforderlichen, engeren Spritzabstände von fünf bis sieben Tagen aber wegen der Niederschläge nicht einhalten.

In den betroffenen Regionen war deshalb die kurative Leistung der Fungizide gefordert. Gleichzeitig wurden einige Produkte in ihrer Kurativleistung falsch eingeschätzt oder überschätzt. Das begünstigte die weitere Ausbreitung der Krautfäule in den Beständen.

Resistenzen ­vorbeugen

Trotz intensiver Spritzfolgen ist die Krautfäule nach wie vor stark ver­breitet. Seit Anfang der 1980er-Jahre kann sich der Pilz P. infestans in Europa auch geschlechtlich vermehren. Dadurch wächst die genetische Variabilität innerhalb der Population, sodass sich der Pilz schneller an seine Umwelt anpassen kann. So kann er z. B. Sortenresistenzen überwinden oder Resistenzen gegen Fungizide ausbilden.

Bereits 2019 berichtete der dänische Pflanzenschutzdienst von Minderwirkungen auf Praxisflächen mit mehr­fachen Mandipropamid-Anwendungen. Hier wurde 2019 vorwiegend der Genotyp EU43 nachgewiesen, der sich in der Folge in ganz Nordwesteuropa ausbreitete. Im Jahr 2023 machte EU43 in Deutschland und den Beneluxländern bereits die Hälfte der untersuchten Proben aus. Laborstudien konnten eine Verbindung zwischen diesem Genotyp und einer vollständigen Mandipropamid-Resistenz nachweisen.

Mandipropamid gehört zur Gruppe der Carbonsäure-Amide (CAA), die sich durch eine Kreuzresistenz zwischen den Wirkstoffen auszeichnet. Das bedeutet: Sobald ein Wirkstoff dieser Gruppe unwirksam ist, sind es auch die anderen. Neben Mandipropamid sind also auch Benthiavalicarb, Dimethomorph und Valifenalate aus der CAA-Gruppe resistenzgefährdet.

Ein weiterer neuer Genotyp, EU46, ließ sich 2023 erstmals in Nordwestdeutschland und den Niederlanden nachweisen. Er machte im Euroblight-Monitoring einen Anteil von 12 % an den untersuchten Proben (N = 821) aus. Parallel traten in den gleichen Regionen Minderwirkungen bei Zorvec-Produkten (Wirkstoff Oxathiapiprolin) und ­resistente Proben auf. Diese neue Resistenz zeigt einen vollständigen Wirkungsverlust gegenüber Oxathiapiprolin (Zorvec).

Genetisch unterscheiden sich die beiden Genotypen EU43 und EU46 kaum. Sie einer bestimmten Resistenz zuzuordnen, ist nach jüngsten Informationen nicht mehr möglich. Denn mittlerweile sind auch Doppelre­sistenzen gegenüber Mandipropamid und Oxathiapiprolin bekannt geworden – und auch mandipropamidresistente Isolate, die weder EU43 noch EU46 angehören.

Empfehlungen zum ­Resistenzmanagement

Vor diesem Hintergrund ist ein gutes Anti-Resistenzmanagement künftig Pflicht, um die Wirksamkeit der vorhandenen Wirkstoffe zu erhalten. Folgende Empfehlungen tragen dazu auch bei hohem Infektionsdruck bei:

  • Krautfäule ist grundsätzlich protektiv mit der maximal zugelassenen Aufwandmenge zu bekämpfen. Tritt sie im Bestand auf, führt das zu hohem Selektionsdruck auf die verwendeten Mittel.

  • Geringere Aufwandmengen bedeuten niedrigere Wirkungsgrade und tragen so zur Selektion angepasster Erreger bei.

  • CAA- und Zorvec-Produkte dürfen deshalb niemals kurativ eingesetzt werden.

  • Wenden Sie Zorvec und CAA-Fungizide immer in Mischung mit wirksamen Partnern an. Wirksame Partner sind Fungizide, die solo mit der gleichen Aufwandmenge eine zufriedenstellende Krankheitsbekämpfung bieten können. Dazu gehören z. B.  die Wirkstoffe Fluazinam, Cyazofamid, Cymoxanil, Amisulbrom.

  • Beachten Sie den Wechsel der Wirkstoffklassen, wenn CAA-Produkte und Zorvec Teil der Spritzfolge sind.

  • Setzen Sie CAA-Produkte maximal in zwei aufeinanderfolgenden Anwendungen ein. Der Einsatz der CAA-Produkte sollte möglichst immer im Wechsel mit anderen Wirkstoffgruppen erfolgen.

  • Setzen Sie Zorvec-Produkte nie in zwei aufeinanderfolgenden Anwendungen ein.

Niedersächsische Versuche aus dem Jahr 2023 belegen am Beispiel Mandipropamid, dass der Wirkungsgrad von Solo-Applikationen deutlich niedriger ist als der von Wirkstoffmischungen und Wirkstoffwechseln. In diesem Versuch erfolgte über alle Varianten eine Vorlage mit Zorvec Endavia und nachfolgend eine durchgehende, wöchentliche Applikation verschiedener Fungizide. Cymbal Flow + Ranman Top erreichten in den Versuchen den höchsten Wirkungsgrad von 76 %. Es folgten Voyager (Vanifenalate + Fluazinam) mit 70 % Wirkungsgrad, Cymbal Flow + Shirlan mit 68 % und Reboot + Leimay mit 67 %. Zum Vergleich: Revus erzielte mit Mandipropamid gerade einmal 28 % Wirkungsgrad. Die durchgehenden Solospritzungen aus diesem Versuch sollten allerdings niemals in der Praxis erfolgen.

Der Integrierte Pflanzenschutz hat das Ziel, Pflanzenschutzmittelanwendungen auf das notwendige Maß zu beschränken und Resistenzen vorzubeugen. Berücksichtigen Sie zur Kontrolle von P. infestans als Basis folgende Punkte:

  • Kartoffelaufwuchs an Lager- oder Abfallstätten konsequent bekämpfen, z. B. durch das Abdecken von Steinhaufen.

  • Durchwuchs- bzw. Unkrautkartoffeln in anderen Kulturen gezielt kontrollieren.

  • Pflanzgutqualität beachten, vor allem bei eigenem Nachbau (Knollenbefall durch Phytophthora!).

  • Optimaler Spritzstart

Hohe Ertragsverluste sind bei günstigen Infektionsbedingungen (Feuchtigkeit, Temperaturen von 18 bis 23 °C) und frühen Infektionen vorprogrammiert. Deshalb ist der rechtzeitige Spritzstart vor dem Auftreten erster Symptome sehr wichtig. Idealerweise beginnt der Fungizidschutz schon rund sieben Tage vor dem ersten Auftreten. Ziel der ersten Fungizidbehandlung ist, den Befall zu bekämpfen, der von infizierten Knollen ausgeht. Für die Ermittlung des passenden Spritzstarts hat sich in normalen Jahren das Prognosemodell SIMBLIGHT1 (www.isip.de) bewährt, das auf lokalen Anbaufaktoren und regelmäßig erfassten Witterungsdaten basiert.

Ist die Fläche in dieser Phase über mehrere Tage wegen Nässe nicht befahrbar, beginnt der Spritzstart unmittelbar im Anschluss an die Regenfälle. Im Frühkartoffelanbau fördert besonders das durch die Abdeckung erzeugte Mikroklima eine frühzeitige Entwicklung des Erregers.

Treten Symptome auf, ist es sinnvoll, die Abdeckung zu entfernen und sofort mit systemischen Präparaten plus sporiziden Partner zu behandeln.

Für den Spritzstart sind grundsätzlich vollsystemische Wirkstoffe wie Propamocarb oder Oxathiapiprolin notwendig. Sie sollten jeweils mit einem wirksamen Partner zum Einsatz kommen. Erfolgt der Spritzstart mit Zorvec Entecta, sollte es mit Cymoxanil ergänzt werden. Bei hohem Infektionsdruck zum Spritzstart kann eine Ergänzung der Propamocarb-Produkte (Infinito, Simpro, Rival Duo) mit einem Kontaktwirkstoff sinnvoll sein. Strategieoptionen zur Mittelwahl können Sie der Übersicht 1 entnehmen.

Spritzabstände anpassen

In den Folgebehandlungen orientiert sich die Produktwahl in erster Linie an der Witterung und dem Befallsgeschehen. In der frühen Hauptwachstumsphase findet bei wärmeren Temperaturen jeden Tag enormer Laubzuwachs statt. Systemische Wirkstoffe wie Zorvec oder Propamocarb können den Neuzuwachs in dieser Zeit schützen. Die Resistenzsituation schränkt die Optionen hier allerdings ein.

Bei anhaltend hohem Infektionsdruck ist Propamocarb mit Partner eine leistungsstarke und sichere Option. Es eignen sich z. B. Produkte wie Infinito + Cymoxanil oder Simpro/Rival Duo, ergänzt durch ein Sporizid. Damit sich der Wirkstoffwechsel einhalten lässt, ist es sinnvoll, Propamocarb in der frühen Wachstumsphase zu nutzen. Generell lässt sich die Wirkungssicherheit bei kritischen Krautfäulebedingungen durch die Zugabe sporenabtötender Produkte mit Cyazofamid (Ranman Top) oder Fluazinam (Shirlan etc.) erhöhen.

Bei hohem Infektionsdruck sollten CAA-Fungizide im Wechsel mit anderen teilsystemischen Produkten eingesetzt werden. Mögliche Optionen für Spritzfolgen in dieser Phase zeigt die Übersicht 1. Verschiedene Wirkstoffklassen mit und ohne Resistenzgefährdung im Wechsel einzusetzen, reduziert den Selektionsdruck deutlich. Zorvec Entecta bei hohem Infektionsdruck in der Hauptwachstumsphase einzusetzen, ist bei der aktuellen Resistenzsituation nicht sinnvoll.

Gehen Sie auch bei mittlerem Infektionsdruck kein Resistenzrisiko ein und planen Sie CAA-Produkte und andere teilsystemische Produkte immer im Wechsel in der Spritzfolge ein. Die Übersicht 1 zeigt beispielhaft, wie eine solche Spritzfolge aussehen könnte. Dazu gehören auch Kombinationen mit Kontaktwirkstoffen. Wer in der Spritzfolge bisher kein oder maximal ein Zorvec-Produkt angewandt hat, kann bei mittlerem Infektionsdruck einmalig Zorvec Entecta + Cymoxanil einsetzen.

 Niedriger Infektionsdruck: Bei Trockenheit, ohne Beregnung und bei hohen Temperaturen eignen sich Produkte wie Reboot, Banjo Forte, Voyager oder Revus + Sporizid. In Dürrephasen, in denen auch nachts kaum Tau auftritt, reichen preiswerte Kontaktfungizide basierend auf Fluazinam oder Cyazofamid im Wechsel aus.

Um entstehenden Befall sicher vorzubeugen, muss man die Spritzabstände an den tatsächlichen Infektionsdruck anpassen. Dieser wird im Wesentlichen von der Witterung beeinflusst. Ausgehend von einem mittleren Spritzabstand von neun bis elf Tagen können Sie den Abstand an die in Übersicht 2 aufgeführten Faktoren anpassen

Beachten Sie bei sehr hohem Infektionsdruck, dass viele Krautfäulefungizide mit einem Spritzabstand von mindestens sieben Tagen zugelassen sind. Bei witterungsbedingt kürzeren Abständen sind die Produkte entsprechend der Zulassung zu wechseln. Weitere ­Informationen zur Entscheidungsfindung über den richtigen Spritzabstand gibt das Prognosemodell SIMPHYT3 (www.isip.de).

Stoppspritzungen bei Befall

Führen Sie bei sporulierendem Befall sofort konsequente Stoppspritzungen im Abstand von drei bis vier Tagen durch, sobald dieser an Blättern und Stängeln auftritt. Hierbei spielt der Wirkstoff Cymoxanil eine wichtige Rolle. Er verfügt über eine begrenzte kurative Wirkung und erfasst so auch latente Infektionen (siehe Übersicht 3). Bewährt haben sich Kombinationen aus cymoxanilhaltigen Produkten plus sporizidem Partner (z. B. Ranman Top) oder Fluazinam-Produkte in jeweils vollen Aufwandmengen. Die Übersicht 4 zeigt verschiedene Optionen für Stoppspritzungen. Bei sehr hohem Infektionsdruck ist es ratsam, den Abstand auf zwei Tage zu reduzieren.

In der Folgebehandlung kann man auch Carial flex + Shirlan verwenden, falls in der bisherigen Spritzfolge bislang nur wenige CAA-Fungizide zum Einsatz gekommen sind.

Bis zur Blüte können Sie in der ersten Stoppspritzung zudem systemische Propamocarb-Produkte (z. B. Infinito oder Simpro) nutzen – jeweils mit Ranman Top oder mit Fluazinam als Partner. In späteren Stadien und bei größeren Befallsnestern ist gegebenenfalls auch eine Sikkation der jeweiligen Teilflächen sinnvoll.

Kontaktmittel Zum Abschluss

Zur Abreife steht der Schutz der Knollen vor der Braunfäule im Vordergrund. Phytophtorasporen entsteht, solange noch grünes Kraut vorhanden ist. Durch Wind, Tau- und Regentropfen gelangen sie in den Boden und bleiben dort etwa drei Wochen infektionsfähig. Die größte Gefahr für Knolleninfektionen besteht während der Rodearbeiten. Sie können später Braunfäule im Lager verursachen.

Führen Sie die Abschlussbehandlung mit sporenabtötenden Kontaktmitteln wie Ranman Top oder Fluazinam-Produkten mit beginnender Abreife durch. Sie sollte aber spätestens drei Wochen vor der Ernte erfolgen. Die letzte Behandlung lässt sich dann mit der Sik­kation kombinieren. Halten Sie dabei grundsätzlich die vorgeschriebenen Wartezeiten ein.

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