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Erste Erfahrungen mit Sitzplätzen für Broiler

Bio-Mastgeflügelställe müssen ab diesem Jahr den Tieren Struktur und Sitzgelegenheiten bieten. Diese Vorschrift erforderte teils kreative Anpassungen der Ställe.

Lesezeit: 5 Minuten

Unser Autor: Bernhard Grüb, Bioland-Fachberater Geflügel. Dieser Text ist zuerst erschienen im bioland Fachmagazin 1/2024.

Bis zum Jahresende 2023 gab es für Mastgeflügel-Halter keine Pflicht, Ställe mit Sitzstangen und erhöhten Ruheebenen auszustatten. Die langjährig üblichen Stalleinrichtungen hindern die Tiere daran, sich auf die Tränken und Futterlinien zu setzen und aufzubaumen. Nur vereinzelte Strohballen oder anderes Material sorgten für Struktur im Stall von Mastgeflügel.

Geflügelexperten haben zahlreiche Ideen für die Umsetzung der nun gültigen Regeln im Vorfeld diskutiert. Mittlerweile liegen Erfahrungen mit den verschiedenen Varianten der Umsetzung vor.

Nach der EU VO 2018/848 sind für einen 4.800er Stall 240 m Sitzstangen oder 12 m2 erhöhte Ebenen nötig. Einige Betriebe haben eine Kombination aus diesen beiden Möglichkeiten gewählt. Auf manchem Betrieb musste man schon genau überlegen, wo im Stall noch Platz dafür ist, ohne die Betriebsabläufe stark zu behindern.

Stangen sollen Halt bieten

Für Material, Größe und Anordnung gibt es keine klare Vorgabe. Hier lohnt es sich, Fachberatung und Kollegen zu Rate zu ziehen. In der Praxis haben die Hähnchenhalter zum größten Teil Metallrohre oder Kunststoffprofile verwendet. Es kommen aber auch andere Materialien wie Holz infrage.

Neue Metallrohre sind etwas glatt und werden erst nach einer gewissen Nutzungsdauer griffiger, so dass sich die Tiere gut darauf halten können. Kunststoff und Holz bieten den Tieren von Anfang an Halt. Metall und Kunststoff können deutlich einfacher gereinigt werden als Holz.

Was die Materialhärte angeht, so empfiehlt die Beratung möglichst weiches Material, Holz und Kunststoff sind deswegen vorteilhaft. Die Sitzstangen müssen rutschfest und splitterfrei sein mit abgerundeten Kanten, wie die Abbildung zeigt.

Die Ausführungshinweise der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung beschreiben die Größen und Umfänge, die für die ausgewachsene Legehenne ausgelegt sind. Zu beachten ist, dass im Mastgeflügelstall heranwachsende Tiere leben. Daher ist es durchaus empfehlenswert, Sitzstangen unterschiedlicher Größe zu verbauen.

Anders als Jung- und Legehennen ist Mastgeflügel deutlich träger und fliegt ungern. Deshalb ist es sehr wichtig, dass die Tiere vom Boden aus sehr leicht auf die Sitzstangen aufspringen können. Der Abstand zwischen den Sitzstangen sollte nicht zu groß sein, damit die Tiere auch die höher angeordneten Stangen erklimmen können.

Naheliegend ist die Idee, vorhandene Stalleinrichtungen zu nutzen, also Tränkelinien und Futterbahnen. Einige Betriebsleiter rüsten entsprechend um und ermöglichen dort das Aufbaumen. Dazu muss man die Tränke mit einem Sitzstangenrohr ausstatten und den Draht auf dem Futterrohr entfernen. Zudem muss die gesamte Befestigung des Seilsystems, von den Deckenhaken bis zur Windenverstellung, das zusätzliche Gewicht tragen können. Dazu braucht es Stahlseile und eine Aufhängung alle 2 m sowie eine tragfähige Decke.

Je nach Ausgestaltung der Futterpfannen verschmutzt das Futter unterschiedlich stark. Betriebsleiter sind überwiegend mit der Hygiene zufrieden. Ein weiteres Problem kann bei den Tränkelinien auftreten, weil das An- und Abspringen der Broiler für Erschütterungen sorgt, wodurch zusätzliches Wasser verspritzt wird. Infolgedessen kann die Einstreu nass werden. Daher empfiehlt es sich, die Tränke zusätzlich am Boden zu fixieren.

Die Erfahrungen damit sind sehr unterschiedlich. Werden vorhandene Elemente als Aufbaummöglichkeiten genutzt, sind die Vorteile deutlich: Der Stall bleibt übersichtlich und für den Kontrollgang sind weniger Hindernisse im Stall. Es bleibt auch genügend Platz im Stall, um Einstreu auszubringen oder zu bearbeiten. Der Auf- und Abbau entfällt komplett. Lediglich die Reinigung der Tränkelinien und Futterbahnen erfordert etwas mehr Zeit.

Ist es also empfehlenswert, vorhandene Elemente zu nutzen? Bedingung ist, dass die Futterbahnen nicht verschmutzt werden und an den Tränkelinien keine feuchte Einstreu liegt.

Bequemer Aufstieg nötig

Recht häufig haben Broilermäster zusätzliche A-Reuter aufgestellt, die für Mastgeflügel etwas flacher sein müssen als für Jung- und Legehennen. Dann nutzen die schwereren Masttieren sie erstaunlich gut. Damit man im Stall zügig arbeiten kann, sollte man die A-Reuter ähnlich wie die Tränkelinie und Futterbahn an die Decke ziehen können.

Als zweite Variante sind 25 cm2 erhöhte Ebene pro Tier in der EU-Ökoverordnung beschrieben. Dies eröffnet den Betrieben neben den Sitzstangen eine weitere Möglichkeit, den Tieren Ruhezonen anzubieten. Die Varianten reichen von Eigenbaulösungen bis zu fertigen Angeboten von Stalleinrichtern. Auch hier ist es wichtig, dass die Masthähnchen die Ebenen leicht erreichen können.

Varianten mit Aufstiegsrampen nehmen die Tiere gut und schnell an. Die erhöhten Ebenen auf- und abzubauen und zu reinigen ist aufwendiger als bei Sitzstangen. Aber in der Praxis nehmen die Broiler die Sitzstangen weniger gerne an als flächige Ebenen.

Besonders beliebt bei den Tieren sind Ausführungen mit einem Kunststoffrost, dessen Form und Lochgröße auf die Hähnchen abgestimmt ist. Bestehen die Ebenen aus geschlossenen Flächen, muss man darauf achten, dass der Kot dort trocken bleibt, damit Fußballen oder Brusthaut gesund bleiben.

Ob Eigenbau oder fertige Lösung eines Stalleinrichters – die Kosten für die zusätzlichen Anforderungen betragen etwa 50 Cent je Tierplatz. Sicher machen diese zusätzlichen Strukturelemente den Betriebsablauf aufwendiger, aber sie ermöglichen den Tieren, das natürliche Verhalten auszuleben und verbessern das Tierwohl.

Bioland-Betriebe haben der Fachberatung bisher keine Nachteile für die Mast- und Schlachtergebnisse berichtet. Die Bioland-Hähnchenmäster haben die EU-Ökoverordnung sehr ideenreich und ohne große Probleme umgesetzt. Nach ersten Erfahrungen werden einzelne Betriebe ihre Sitzstangen oder erhöhten Ebenen möglicherweise noch nachbessern wollen. Dabei unterstützt die Bioland-Geflügelberatung gerne.

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